Die Geschichte des NOHAB-Werkes
 
Diese Zusammenfassung der Geschichte des NOHAB-Werkes wurde von Herrn Olaf G. Janson, einem ehemaligen Angestellten von NOHAB, am 15. 11. 2003, beim Treffen zum 40. Jahrestag der Inbetriebnahme der Lokomotive unserer Stiftung, im Gebäude des Regionaldirektorats Budapest der Ungarischen Staatsbahn vorgetragen. Einige Ergänzungen zu dieser Kurzfassung wurden uns später von Herrn Janson zugeschickt, wofür wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchten.

Die Geschichte der schwedischen Firma NOHAB begann in 1847, als Antenor Nydqvist, Johan Magnus Lidström und Carl Olof Holm die Trollhättans Mekaniska Verkstad gründeten.

Nydqvist war Ingenieur, Holm eher Geschäftsmann, jedoch haben beide Gründer eine technische Bildung erhalten und arbeiteten schon zuvor bei anderen Firmen. Vor der Gründung des gemeinsamen Unternehmens begab sich Antenor Nydqvist auf eine dreijährige Europareise, während deren Lauf er längere Zeit in Frankreich, England und Deutschland verbracht hat. Seine technischen Kenntnisse waren umfangreich, zumal er auch mehrere Patente zur Konstruktion von Wasserturbinen (dem ersten Hauptprodukt von Trollhättans Mekaniska Verkstad) besaß.

Bald wurde der Name der Firma auf Nydqvist och Holm AB (NOHAB) geändert. Gleichzeitig wurde auch die Produktpalette breiter: neben Wasserturbinen wurden Landwirtschaftsmaschinen und andere Geräte, ab 1850 Dampfmaschinen für den Straßen- und Schienenverkehr gebaut. Die erste komplette Dampflokomotive verließ das Werk in 1865.

Zwischen 1867 und 1916 war Antenor Nydqvist alleiniger Eigentümer der Firma; zu dieser Zeit wuchs NOHAB zum größten Privatunternehmen Schwedens heran. Inzwischen wurde das ursprüngliche Gelände aufgegeben und die Fabrik an die andere Seite des durch Trollhättan fließenden Kanals, zum eindgültigen Standort umgesiedelt. In 1916 wurde NOHAB zur offenen Gesellschaft (public company), unter den neuen Eigentümern fand sich auch die in Göteborg ansässige SKF (Svenska Kullager Fabriken). Die Nachfahren von Antenor Nydqvist arbeiteten noch bis 1930 bei NOHAB.

In 1920 erhielt die Fabrik von der Sowjetunion die bis dahin zahlenmäßig größte Bestellung an Lokomotiven (1000 Stück), die zwei Jahre Später – dem politischen Druck weichend – auf die Hälfte reduziert wurde. 230 schwedische Kronen haben die von September 1921 bis Dezember 1924 gelieferten Lokomotiven gekostet; der Gegenwert wurde von der Sowjetunion mit 56 Tonnen Gold bezahlt!

Nach Beendigung der Lieferungen an die Sowjetunion hatte das damals etwa 2600 Angestellte zählende Unternehmen mangels neuer Bestellungen ähnlichen Umfangs mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, die auch durch das Ausweichen auf andere Produkte (z. B. Brücken und deren Bauelemente) nur mit mäßigem Erfolg gelindert wurden.

Dem Ansporn der schwedischen Regierung folgend begann NOHAB Anfang der Dreißiger mit dem Bau von Flugzeugmotoren. Das Tochterunternehmen NOHAB Flygmotorfabrik AB kaufte von der britischen Bristol Aeroplane Co. die Lizenz zur Herstellung von Flugzeugmotoren des Typs English Jupiter, deren schwedische Produktion 1933 begann. NOHAB Flygmotorfabrik AB wurde später zur Svenska Flygmotor AB umbenannt, schließlich 1970 von Volvo aufgekauft. Volvo Aero AB produziert bis zum heutigen Tag Bauteile sowohl für Strahlentriebwerke der zivilen und militärischen Luftfahrt (u. A. auch für die schwedischen Jagdflugzeuge Gripen), als auch für die Ariane-Raketen der ESA.

Die schwedische Regierung befürwortete auch die Zusammenarbeit mit einer anderen, in Linköping ansässigen Firma, was schließlich zur Gründung der Svenska Aeroplan AB (SAAB) geführt gat. SAAB baute seit den frühen Dreißigern über Flugzeugmotoren hinaus auch komplette Flugzeuge. Auch diese Firma existiert noch heute und baut Flugzeuge für zivile und militärische Anwendung (z. B. die Gripen). Einige Abteilungen wurden inzwischen ausgegliedert und bauen PKWs (SAAB) und Nutzfahrzeuge (SCANIA).

Zwischen 1925 und 1935 wollte sich NOHAB durch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, so auch mit BOFORS, besser behaupten. Diese Kontakte führten in 1936 dazu, daß NOHAB von BOFORS aufgekauft, und der Name der Firma auf BOFORS-NOHAB AB geändert wurde. Die Hauptprodukte der Dreißiger waren neben Flugzeugmotoren auch Turbinen für Kraftwerke.

In den Vierzigern stellte sich BOFORS auf die Kriegsproduktion um, und nach dem Weltkrieg begann neben dem Turbinenbau auch die Herstellung von Dieselmotoren. Zum Anfang der fünfziger Jahre kam auch der Bau von Streckendieselloks in Sicht, was sich – nicht zuletzt dank der Nachfrage der Dänischen Staatsbahn – im Zusammenarbeit mit der amerikanischen Electro-Motive Division von General Motors realisiert hat. Das erste Ergebnis war die europäische Version des EMD-Exporttyps AA16, die den Titel der ersten „paneuropäischen” Diesellok wohl verdient hat. Die Konstruktion erwies sich als äußerst erfolgreich, und bald nach der Lieferung der ersten Loks wurde auch die Lizenzfertigung bei der Societé Anglo-Franco-Belge (SAFB) angefangen.

In den Sechzigern erweiterte sich die Produktpalette der BOFORS-NOHAB AB um die schwedischen Panzerwagen S-60, ferner wurden Druckmaschinen zum Drucken von Tageszeitungen gebaut. Auch die Herstellung der Dieselloks wurde fortgesetzt; Ende der Sechziger lieferte NOHAB die ersten Exemplare des EMD-Exporttyps JT26 (die dänische MZ), deren Lizenz später auch von der spanischen MACOSA erworben wurde.

Als sich der Markt von Schienenfahrzeugen in den Siebzigern gesättigt hat, ging langsam der Lokomotivbau zur Neige. Zuletzt verließen gegen Ende 1979 Elektroloks der Baureihe Rc der Schwedischen Staatsbahn die Fabrikhallen von NOHAB. Diese Maschinen wurden (mit Ausnahme der von ASEA, dem Vorgänger von ABB, gebauten Fahrmotoren) vollkommen von NOHAB hergestellt.

Anfang der Achtziger entging die BOFORS-NOHAB AB nicht mehr dem Bankrott. Die Angestellten wurden entlassen, die Produktionsanlagen wurden einzeln verkauft (die Letzten in 1986), die Produktion wurde bei kleineren Unternehmen fortgesetzt. Der Bau von Dieselmotoren für Schiffe und kleinere Schienenfahrzeuge wurde schon in den Siebzigern von der finnischen Firma Wärtsilä übernommen. Die Druckmaschinenproduktion ging seit 1981 bei der GMA-NOHAB Printing AB, der Turbinenbau bei der norwegischen Kvaerner Turbin AB weiter (jetzt Aker Kvaerner). Produkte für Schienenfahrzeuge wurden bei Kalmar NOHAB AB fortgesetzt, zahlreiche kleinere Abteilungen wurden im Laufe der Jahre teilweise von ehemaligen Angestellten der Firma erworben.

Zum Schluß wurde fast das gesamte Fabrikgelände Eigentum eines schwedischen Bauunternehmens. Allein die NOHAB Industri AB hat überlebt, eine kleine Firma, die sich auf Zerspanungsbearbeitung von Metall-Bauteilen spezialisiert hat, und bei der man noch Arbeiter und Werkzeuge der einst riesigen NOHAB vorfinden kann. Neben dem Standort in Trollhättan betreibt NOHAB Industri AB auch ein Werk in Uddevalla.

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