Weltweiter historischer Überblick
 
Ursprünge – die E und F-Serie in Nordamerika

Gegen Ende der 30er Jahre konstruierte die Electro-Motive Company (später Electro-Motive Division des General Motors-Konzerns) die ersten dieselelektrischen Stromlinienlokomotiven („cab units”, oder auch „covered wagons” genannt), die in den Jahrzehnten danach das Bild der Eisenbahnen radikal verändert haben. Was wir heute als eine Fahrzeugkonstruktion klassischer Art auffassen würden, war damals in vieler Hinsicht eine revolutionäre Innovation. Der Führerstand mit dem typischen runden Vorbau, bis dahin bei der Gestaltung von Lokomotiven kaum verwendet, ist nicht nur ästhetisch ansprechend, auch das Lokpersonal wird dadurch bei einer Kollision hervorragend geschützt. Die glatten Seitenwände waren bis dahin ebenso selten anzutreffen, wie die Verlagerung der Fahrmotoren in Drehgestelle, anstelle eines starren Hauptrahmens und beweglichen Laufradsätzen. Mit diesen – und anderen – Neuerungen ausgerüstet, präsentierte die EMC eine Familie von Stromlinienlokomotiven; so wurde eine zweimotorige, sechsachsige Schnellzuglokomotive (die „E”-Reihe) erstmals 1937 gebaut; hinzu kam eine leichtere Konstruktion, die vierachsige „TA” für die Rock Island Railroad, und in 1939 die aus vier gekoppelten vierachsigen Einheiten bestehende „F”-Serie, womit gleichzeitig auch EMCs neuer Motor, der 567 debütierte, welcher später zum meistgenutzten Motor in Lokomotiven (und auch anderswo) wurde. Obgleich sich die „E”-Serie im Schnellzugdienst gut bewährt hat, wurde der weitaus größte Teil der Verdieselung von den „F”-Lokomotiven vollbracht, die in EMDs Montagehallen in La Grange, Illinois zu Tausenden gebaut wurden. Die erst mit dieser Massenherstellung verbundene Standardisierung (früher ließen die Eisenbahngesellschaften die Lokomotiven allen ihren Sonderwünschen anpassen) wurde auch zu einem wichtigen Faktor für den Triumph der „F-units”.

In der Zwischenzeit haben sich diese, ursprünglich für den Güterzugdienst vorgesehene Lokomotiven auch im Personenverkehr bewährt; dies trifft besonders auf Bergstrecken zu. Daher wurde bei vielen Lokomotiven auch ein Dampferzeuger eingebaut, später wurde sogar bei den Modellen FP7 und FP9 der Lokomotivrahmen verlängert, damit genügend Raum für einen zusätzlichen Wasserbehälter zur Verfügung stand. Erwähnenswert ist auch eine andere Spezialkonstruktion: die FL9. Diese Lokomotive hatte ein dreiachsiges hinteres Drehgestell, woran ein spezieller Stromabnehmer montiert war. Damit konnte die Lokomotive auch das Stromschienennetzwerk von New York benutzen, wodurch sich das Umspannen der Züge erübrigt hat.

Doch nichts währt ewig, für die „F-units” mußte nach langen Jahrzehnten auch einmal das Ende kommen. Dies begann damit, daß sie von neueren Universalloks der „Road-Switcher”-Bauart allmählich von den Hauptlinien verdrängt wurden; schließlich landeten sie bei kleineren Privatbahnen, Museen, oder sie verdienten ihr Gnadenbrot im Rangierdienst. Für den letzteren Zweck ist eine Stromlinienlokomotive verständlicherweise nicht gerade optimal, was die Bahngesellschaft ATSF dazu bewegt hat, einige ihrer F's in Lokomotiven mit schmalem Vorbau, etwa der GP-Serie ähnlich, in ihrem AW in Cleburne umzubauen. Der Umbau zur CF7-Baureihe kostete zwar den Lokomotiven ihr schnittiges Aussehen, garantierte ihnen aber weitere Dienstjahre bei ATSF und später bei diversen kleineren Privatbahnen.

Angespornt durch EMDs Erfolg, und nicht zuletzt auch befreit von den kriegsbedingten Produktionseinschränkungen, auch andere Hersteller erschienen mit ähnlichen Lokomotiven; etwa ALCo nach der DL109 mit den PA/PB und FA/FB-Serien (und auch mit dem berühmten Exportmodell DL500); Fairbanks-Morse mit den „Erie-builts” und „C-liners” und Baldwin mit den etwas eigenwillig aussehenden „Sharknose”-Lokomotiven. Nachdem sich GE von ALCo im Lokomotivbau getrennt hat, wurde auch eine „Versuchslok” von GE gebaut. Die Viersektionslok, genannt UM20B, blieb die einzige Stromlinienkonstruktion von GE, eher zur Erforschung der Marktverhältnisse geeignet, obwohl später einigen australischen Lokomotiven mit ALCo-Motor (NSWGR 43 class) auch ein ähnliches Aussehen gegeben wurde. So zahlreich aber die Konkurrenten gewesen sein mögen, sie konnten im Hinblick auf die Stückzahl nie an dem Erfolg von EMDs F-Serie rütteln und daß der Wettlauf vorbei war und die Herrschaft der Stromlinienloks langsam zur Neige ging, hat sich auch am Beispiel von GE gezeigt. Anfang der 60er erschienen nämlich die „Road Switcher” genannten Universalloks mit schmalen Vorbauten, für deren praktische Funktionalität die Bahngesellschaften schon eher Interesse zeigten.


Die ersten Exportmodelle – Clyde-GMs in Australien

Gegen Ende der 40er Jahre konnte sich die „F-Unit” schon als populäre und bewährte Konstruktion behaupten und außer Kanada und Mexiko kamen auch bei Bahngesellschaften auf anderen Kontinenten die Triebfahrzeuge von EMD für die Verdieselungspläne in Betracht. Dies geschah aber nicht auf „direktem” Wege; die einzigen echten F-Units, die außerhalb von Amerika zum Einsatz kamen, sind die FP7/9 in Saudi-Arabien und vereinzelte, als Gebrauchtfahrzeuge gekaufte F's in Australien.

Die ersten modifizierten Exportmodelle von EMDs Stromlinienloks waren die ML1, gebaut ab 1951 von Clyde Engineering in Granville, New South Wales. Die Konstruktion erhielt bei EMD den Namen A16A, wo das erste „A” auf die Stromlinienbauart hindeutet und die „16” für den 16-Zylinder-Motor steht. Die Lokomotive war im Grunde eine Abwandlung der amerikanischen F-Unit mit einem etwas niedrigeren Lokkasten und dreiachsigen Drehgestellen als Anpassung an die örtlichen Lichtraum- und Achslastbegrenzungen. Die ML1 wurde anfangs an die Commonwealth Railways (später Australian National) geliefert, wo sie zur Baureihe „GM” wurde, aber auch andere Bahnverwaltungen haben ähnliche Lokomotiven bestellt. Die wohl markanteste Version unter den Lokomotiven ist die Baureihe B der Victorian Railways (Clyde ML2, EMD-interne Bezeichnung AA16C), welche an beiden Enden mit einem stromlinienförmigen Führerstand versehen wurde, so daß die Fahrzeuge nicht mehr gewendet werden mußten. Andere verwandte Lokomotiven hatten einen stromlinienförmigen und am anderen Ende einen „flachen” Führerstand, wie die Baureihe 421 der NSWGR oder nur einen „Rangierstand” mit minimaler Ausstattung, wie die S-Klasse der Victorian Railways oder die 42 der NSWGR. Trotz der geringeren Bauhöhe behielten die meisten Clyde-Lokomotiven die elektrisch angetriebene Kühlanlage, obwohl mechanisch angetriebene Lüfter ab den 60er Jahren als Option angeboten wurden. Viele der Stromlinienloks von Clyde besaßen auch Widerstandsbremsen, deren Auslegung sich deutlich von der der amerikanischen F-Units unterschied und über die Jahre nach und nach verbessert wurde. Clyde Engineering hat auch Stromlinienloks für den Ausland gebaut: die mit einem Führerstand versehene ML3 wurde in 9 Exemplaren nach Pakistan verkauft.

Erwähnenswert ist auch, daß die abgerundete Nase dieser Lokomotiven so sehr geschätzt wurde, daß auch in der Ära der „gemäßigt stromlinienförmigen” Triebfahrzeuge (in Australien oft „flying bricks”, fliegende Ziegelsteine genannt) auf Bestellung der Commonwealth Railways einzigartige Mischlinge gebaut wurden, die einen klassischen „Rundnasen-Führerstand” und einen kantigen Lokkasten in sich vereinten.

Die meisten der stromlinienförmigen EMD-Abkömmlinge hatten in Australien ein langes Leben und außer Museumsloks sind viele auch noch im Plandienst tätig. Das wohl markanteste Beispiel an Langlebigkeit sind die B- und S-Klassen der Victorian Railways (Clyde ML2 und A7). Viele dieser Maschinen, die B-Klasse nun beinahe 50 Jahre alt, die S-Klasse etwas weniger, wurden an die West Coast Railway verkauft und bewähren sich immer noch hervorragend im Dienst, während einige Lokomotiven der B-Klasse mit 12-645-Motoren remotorisiert wurden und weiter im Bestand der VR blieben. Ähnliches kann über die ML3 von Pakistan leider nicht geasgt werden; anscheinend sind sie schon vor langer Zeit aus dem Dienst geschieden und es sind auch keine erhaltenen Exemplare bekannt.


Die Rundnasen in Europa

In den 50er Jahren konnten sich bereits zahlreiche Eisenbahnen in Europa von der Leistungsfähigkeit der EMD-Triebfahrzeuge überzeugen, dank dem G12-Demonstrator 7707 von EMD und der MRS-1 1818, die, ausgerüstet mit einem 16-567-Motor, für den militärischen Einsatz gebaut wurde.


Die NOHAB-Lokomotiven

Dem Bedarf an GM-Triebfahrzeugen folgend produzierte die Nydqvist och Holm AB (NOHAB) im schwedischen Trollhättan erste Pläne für eine Stromlinienlokomotive mit GM-Motor. Die konstruktion basierte auf die ML2 von Clyde, wobei wegen dem europäischen Lichtraumprofil das Dach steiler abgerundet wurde. Dies änderte die Form der Frontscheiben des Führerstandes und hatte auch die Absenkung der Nase zur Folge. Ferner wurde der Scheinwerfer an der Nasenspitze mit zwei weiteren ergänzt, um auch der europäischen Norm (was sich später auch in Amerika durchgesetzt hat) gerecht zu werden.

In 1954 wurden 4 Lokomotiven der EMD-Bezeichnung AA16 (Achsfolge A1A'A1A') an die Dänischen Staatsbahnen (DSB) geliefert; an die Gesellschaft, die auch eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der europäischen Stromlinienloks gespielt hat. Diese vier Maschinen wurden in die Baureihe MY eingeteilt als MY 1101–1104, denen später 55 weitere, beinahe identische Lokomotiven gefolgt sind. Gleichzeitig wurde bei NOHAB ein weiteres Exemplar gebaut, welche dann europaweit als Demonstrator unterwegs war in der Hoffnung auf weitere Bestellungen. Obwohl die Lokomotive bis in die Türkei kam, zeigte sich schließlich nur in Norwegen eine klare Absicht zum Erwerb solcher Lokomotiven, wo diese Maschine in 1957 als Di3.602 in den Bestand der Norwegischen Staatsbahnen (NSB) als das erste Mitglied einer Baureihe von 35 Maschinen, die meisten mit der Achsfolge Co'Co', aufgenommen wurde. Später geriet auch ein möglicher Vertrag mit den Finnischen Staatsbahnen (VR) in Sicht, weswegen NOHAB mit dem Bau von 5 Lokomotiven für das finnische Breitspurnetz begann. Jedoch haben sich die Hoffnungen auf die Bestellung zerschlagen, so daß die Maschinen an die NSB verkauft wurden. Eine der Lokomotiven, die spätere Di3.623, wurde wieder als Demonstrator auf die Reise geschickt und brachte einen Vertrag aus dem Ostblock ein, wonach 20 Maschinen an die Ungarische Staatsbahnen (MÁV) als Baureihe M61 in Co'Co'-Achsfolge geliefert wurden. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle zuvor erwähnten NOHAB-Lokomotiven mit einem Dampferzeuger versehen, ergänzt mit einem großen Wasserbehälter im Maschinenraum, der amerikanischen FP7/9 ähnlich. Lediglich die letzten norwegischen Di3 (3630–33) erhielten eine elektrische Zugheizung mit separatem Dieselmotor ab Werk, jedoch wurden einige MY der DSB und zahlreiche ältere Di3 der NSB später auf dieselbe elektrische Heizung umgestellet.

Später zeigten die DSB Interesse an einer kleineren und leichteren Version der MY, die einen 12-Zylinder-Motor haben sollte und deren Achslast auch für Nebenstrecken geeignet wäre. NOHAB nahm dazu die J12 von Henschel (Baureihe 2050 in Österreich) als Grundlage und ergänzte sie mit der „traditionellen” Nase und dreiachsigen Drehgestellen. Daraus wurde die Baureihe MX, die ausschließlich an die DSB geliefert wurde, obwohl die an die Schwedische Staatsbahn (SJ) gelieferte T41 einen ähnlichen internen Aufbau hatte.

Die Späteren Konstruktionen von NOHAB wurden weiterhin mit EMD-Motoren gebaut, jedoch verabschiedete man sich von der klasichen Rundnase. Die MZ der DSB hatten schon flache kantige Führerstände, etwa den australischen „Flying Bricks” ähnlich. NOHAB baute auch einige Maschinen mit schmalem Vorbau, die beispielsweise an die SJ und die LKAB-Bergwerksgesellschaft geliefert wurden.

Die Lokomotiven von NOHAB sind ebenfalls berühmt für ihre Zuverlässigkeit und Ausdauer. Nach etwa 40 Dienstjahren finden wir viele MY und MX der DSB bei Privatbahnen in Schweden, Dänemark und sogar in Deutschland wieder, während andere von Eisenbahnfreunden gepflegt werden. Einige der norwegischen Di3 wurden auch schon für den Erhalt als historische Fahrzeuge übergeben, für andere werden weitere Dienstjahre in Kosovo und Italien vorgesehen, nachdem sie aus dem Bestand der NSB schieden. Den M61 in Ungarn ist leider kein so gutes Schicksal widerfahren, aber es soll nicht verschwiegen werden, daß sie trotz spärlicher Wartung bis zum Ende ihres Einsatzes viel zuverlässiger arbeiteten als viele andere „Flaggschiffe” des Dieselbestandes der MÁV, was wieder einmal beweist, wie treu und unverwüstlich diese EMD-Maschinen sind.


Die „Kartoffelkäfer” von AFB

Nach sehr erfolgreichen Probefahrten mit der Militärlok MRS-1 Nr. 1818 enstchied man sich auch in Belgien für Triebfahrzeuge mit EMD-Motoren zur anstehenden Verdieselung. Die von den Belgischen Staatsbahnen (NMBS/SNCB) bestellten und von der Societé Anglo-Franco-Belge (SAFB) unter NOHABs Lizenz gebauten AA16-Lokomotiven sind nahezu identisch mit den dänischen MY. Ein auffallender Unterschied war der fehlende Scheinwerfer an der Nasenspitze, was verglichen mit dem amerikanischen Original etwas fremdartig erscheinen mag. Später wurden jedoch an vielen Lokomotiven ein drittes Spitzenlicht, sowie ein Paar Zugschlußlichter an jedem Ende angebracht.

Zwischen 1955 und 1957 wurden insgesamt 44 Lokomotiven des Typs AA16 von AFB gebaut. Die belgischen 202 und 203 (später 52 und 53) waren für den universellen Einsatz bzw. Güterzugdienst vorgesehen. Beide Baureihen wurden mit einer Widerstandsbremse und einem 48-Zoll-Lüfter versehen, während ein Dampferzeuger ursprünglich nur bei den 202ern eingebaut wurde. Die 204 (später 54) waren für den Schnellzugdienst vorgesehen und hatten daher Dampfheizung, aber keine Widerstandsbremsen. Die ersten 4 Exemplare der letzteren Baureihe wurden auch ursprünglich als 204er gebaut; hinzu kamen 4 weitere aus dem Umbau einiger 202.

Überzeugt von der Langlebigkeit der GM-Triebfahrzeuge, startete man 1979 ein Umbauprogramm in Belgien, im Rahmen dessen die Maschinen neu verkabelt und mit über Gummiblöcken „schwebenden” Führerständen ausgerüstet wurden. Außer den Lokomotiven, die schon zuvor der Verschrottung zum Opfer fielen, wurden nur zwei Maschinen dem Umbau nicht unterzogen; die heute zur Museumslok erklärte 5404 und die 5204, letztere gegenwärtig im Besitz des Vereins PFT, jedoch ohne funktionsfähigem Dieselmotor und Fahrmotoren.

Die vier Lokomotiven der Baureihe 1600 der Luxemburgischen Eisenbahn (CFL) sind beinahe identisch mit den belgischen 54ern; tatsächlich wurden sie ursprünglich auch für Belgien gebaut. Ihre Übergabe an die CFL ist die Folge einer Vereinbarung, wodurch möglich wurde, daß auch die CFL die von dem neuen internationalen Fahrplan von 1954 geforderten Geschwindigkeiten der Schnellzüge problemlos garantieren konnte. Die kleine Anzahl der Lokomotiven der Klasse bedeutete kein Problem für die CFL, da später deutlich mehr Maschinen der Baureihe 1800 angeschafft wurden, die intern den 1600ern sehr ähnlich waren.

Die AFB-Loks, wegen ihrer gestreiften Farbgebung auch Kartoffelkäfer genannt, hatten auch ein langes Leben. Die allmähliche Abstellung begann in 1982 mit der 5405. In der ersten Hälfte der 90er schieden alle 1600er der CFL aus dem Dienst. Nur 1601 wurde nicht vom Schneidbrenner verschont, die anderen drei sind heute als Museumsloks in Betrieb. Die meisten belgischen Loks erlebten das Ende der 90er ohne Schwierigkeiten, aber das neue Jahrtausend bedroht auch sie mit der Abstellung. Bedenkt man aber die „Wiedergeburt” der dänischen Maschinen, so ist es nicht unmöglich, daß wir irgendwann auch belgische Umbauloks bei Privatbahnen antreffen werden.


„Die Kantigen” von La Brugeoise et Nivelles

Mit der Baureihe 1800 der CFL wurden zuvor schon die jüngsten Nachfahren der klassischen Stromlinienloks von EMD angedeutet. In den 60ern erhielten die SNCB und die CFL weitere Lokomotiven (CFL 1800, SNCB 55 (zuvor 205), 62, 63 (zuvor 212)) von La Brugeoise et Nivelles, die intern den AFB-Rundnasen sehr ähnlich waren (sie hatten auch den bekannten EMD 567-Motor), aber ein viel kantigeres Aussehen hatten. Aber auch noch diese sechs- und vierachsigen Kreaturen sind AA16 bzw. AA12, und sollten daher als entfernte Verwandte der amerikanischen F-Units betrachtet werden.

Zwar sind auch ihre große Zeiten vorbei, die meisten Maschinen von La Brugeoise et Nivelles sind immer noch in Betrieb und das wird wohl für eine Weile auch so bleiben, obwohl sie zumindest beim Einsatz vor Personenzügen wegen der Verbreitung von Triebwagen Jahr für Jahr seltener zu sehen sind.


Die Exportloks von Henschel

In den 50ern gesellte sich auch Henschel zu den Herstellern von EMD-Exportlokomotiven. Unter anderem wurden im Henschel-Katalog auch Stromlinienloks in den drei Leistungsklassen AA8, AA12 und AA16 angeboten, in Abhängigkeit von der Zylinderzahl des eingebauten 567-Motors. In den Jahren 1957–1960 hat Henschel drei Baureihen von Rundnasen an die Ägyptische Staatsbahn geliefert. Die ersten Maschinen waren vom exotischen Typ KK16, die einen traditionell aufgebauten Lokkasten und dreiachsige Drehgestelle besaßen. Jede Lokomotive hatte zwei 8-Zylinder-Motoren, die die zwei Drehgestelle getrennt antrieben.

Die späteren Modelle von Henschel entfernten sich von der klassischen Bauweise der EMD-Stromlinienloks. Die Anwendung von Seitenversteifungen in voller höhe des Maschinenraumes (als Teil einer den gesamten Lokkasten umfassenden brückenträgerartigen Bauform) wurde aufgegeben, was sich nicht nur an den stärker betonten Hauptrahmen bemerkbar machte, sondern auch in dem nach innen geneigten Oberteil der Seitenwand, die nun durch große, rechteckige Fenster und Luftfilter unterbrochen wurde. Die in 1960 für Ägypten gebauten AA12 und AA16 weisen diese Merkmale bereits auf, und fallen wegen dem hinter dem Motor angeordneten mechanischen Kühler auch deutlich länger aus als vergleichbare Maschinen mit elektrisch angetriebenem Lüfter. Beinahe gleichzeitig wurden auch die J12 für Österreich gebaut, die zwei „flache” Führerstände besaßen, beinahe den gleichen Querschnitt hatten wie die ägyptischen Maschinen und mit 12-Zylinder-Motoren ausgerüstet wurden. Die J12 wurden in zwei Serien an die ÖBB geliefert (1958–59 und 1961–62) und dienten auch als Vorlage für die von NOHAB gebauten AA12, die dänischen MX. Auch letzteren Lokomotiven ist der dicke Hauptrahmen anzusehen, wie auch der mechanische Kühler.

Erwähnenswert wäre eine weitere interessante Sonderbauform von Henschel: die in 1959 für Ghana gebaute sechsachsige Meterspurlok TT12. Diese speziell für den Einsatz im Tropenklima konzipierte Leichtbau-Variante besitzt auch zwei stromlinienförmige Führerstände, sie hat aber zurückgesetzte Maschinenraumwände, so daß seitlich offene überdachte Gänge an beiden Seiten entstehen. Diese ungewöhnliche Ausführung hatte weltweit wenige Pendants; zu erwähnen wären die von GE gebauten „Veranda”-Turbinenloks der Union Pacific, oder um bei der EMD-Verwandschaft zu bleiben, die N-Klasse der Victorian Railways (auch „Hundeknochen” genannt) oder einige Loks in Irland, obwohl bei den letzteren Beispielen die Seitengänge nicht überdacht sind.

Später wurden auch bei Henschel kantigere Loks oder schmale Vorbauten bevorzugt; so wurden nach den Stromlinienloks größere Mengen von JT22 an Ägypten geliefert. Letztere Grundkonstruktion kam dann auch bei den JT26 zum Einsatz, die als Di4 an Norwegen und als ME an Dänemark verkauft wurden. Mit der Übernahme durch den EMD-Konkurrenten ABB und danach vom GE-Lizenzinhaber Adtranz verabschiedete sich Henschel vom Bau der EMD-Exportlokomotiven.

Was Dienstzeit und Erhaltung betrifft, waren die Henschel-Lokomotiven wohl weniger die Günstlinge des Schicksals. Alle Stromlinienloks der Ägyptischen Staatsbahn wurden schon abgestellt und sind allem Anschein nach verschrottet worden, obwohl, zugegeben, wenig über diese Maschinen, inklusive der TT12 in Ghana, bekannt ist. Auch wenn sie keine Stromlinienloks sind, sollten die österreichischen J12 nicht unerwähnt bleiben. Zwar wird die Baureihe 2050 in einigen Jahren der Abstellung anheim fallen, sind die Lokomotiven heutzutage noch im Einsatz vor Güterzügen zu sehen. Eine Maschine ist als statisches Exponat in Wien zu sehen, eine weitere (2050.002) ist als Museumslok erhalten geblieben und trägt die ursprüngliche grüne Lackierung; an Wochentagen ist sie sogar im Plandienst vor einem Wendezugpaar zwischen Laa an der Thaya und Wien Nord zur Hauptverkehrszeit zu erleben.


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