Technische Beschreibung
 
Obwohl die M61, genauso wie ihre amerikanischen und australischen Vorfahren, als Diesellokomotiven der ersten Generation gelten, sind einige ihrer Konstruktionsdetails viel durchdachter (und von viel besserer Qualität) als die anderer ungarischer Dieseltriebfahrzeuge, die offiziell oft als moderner gepriesen werden. Natürlich sind ihre EMD 567-D1-Motoren durch neuere und zweifellos bessere überholt worden; natürlich haben die moduläre elektrische Ausrüstung und die Drehstromtechnik neue Perspektiven der dieselelektrischen Traktion eröffnet; natürlich kann sich kein Flexicoil- oder Flexifloat-Drehgestell mit EMDs neuen selbstlenkenden Drehgestellen messen, aber verglichen mit den tatsächlichen Verhältnissen in Ungarn, sind die M61 immer noch die Besten ihrer Art auf einheimischen Schienen. Die Gründe dafür sind leicht zu finden, wenn wir uns das Innenleben der Lokomotive näher anschauen.


Der Lokkasten

Wie bei den meisten EMD-Rundnasen, wurde auch bei den M61 der gesamte Lokkasten (Hauptrahmen und brückenträgerartige Seitenwandversteifungen) als eine tragende Struktur ausgebildet, was die Gesamtmasse verringert. Dieses Konstruktionsprinzip wird seit etlichen Jahrzehnten traditionell angewandt und ist auch in einigen heutigen Konstruktionen vorzufinden, wie es die britische Baureihe 67 beweist. Eine Lokomotive vergleichbarer Leistung, die eher auf einem massiven Hauptrahmen aufgebaut wurde ist, um bei den in Ungarn anzutreffenden Triebfahrzeugen zu bleiben, die M62, die um etwa 10 Tonnen schwerer ist als die M61, obwohl letztere sogar noch einen Dampferzeuger und einen Wassertank mit sich führt!

An beiden Enden der Lokomotive finden wir einen Führerstand in der klassischen Rundnasenform von EMD, der direkt zu dem aus Langträgern und Kreuzstreben bestehenden, mit den Pufferbalken abgeschlossenen Hauptrahmen geschweißt ist. Die aus gesickten Blechen bestehenden Seitenwände wurden direkt an die Wandversteifung geschweißt (entgegen den abnehmbaren genieteten Plattenelementen der amerikanischen und australischen Vorfahren). Abnehmbare Dachelemente und eine entfernbare Querversteifung über dem Motor erleichtern den Zugang zum Maschinenraum und die Demontage/Montage der Anlagen. Die Kühler wurden über dem Motor angebracht, was einiges an der Gesamtlänge der Maschine einspart, jedoch ist der kompakt gestaltete Maschinenraum immer noch nicht so voll von unerwarteten Hindernissen, wie beispielsweise der einer M62.

In dem unter dem Hauptrahmen und zwischen den Drehgestellen gebliebenen Raum sind die Batterien, die Druckluft- und Kraftstoffbehälter untergebracht, letztere mit einer Füllöffnung und einem Kraftstoffstandsanzeiger an beiden Seiten der Lokomotive ausgestattet. Die Füllöffnungen sind gut geschützt gegen eine schiefe Lage der Lokomotive, ein Vorteil, der von den M62 und M41 nicht gesagt werden kann, die in einigen kritischen Kurven deswegen öfters Kraftstoff ausschütten, was der Sauberkeit der Umwelt nicht gerade förderlich ist.


Die Führerstände

Wie zuvor erwähnt, hat die M61 an beiden Enden einen Führerstand mit der typischen Nase, was dem Personal der Maschine guten Schutz im Falle einer Kollision gewährt. Der gesamte Führerstand liegt höher als bei den meisten anderen einheimischen Streckenlokomotiven, was nicht nur die Sicherheit erhöht, sondern auch die Sichtverhältnisse verbessert. Die ästhetischen Aspekte einer solchen Formgebung sollten auch nicht verschwiegen werden, dies um so mehr, weil die Ästhetik beim einheimischen Lokomotivbau in den letzten Jahrzehnten eher vernachlässigt wurde. Leider wurde die Rundnasenform auch anderswo in Europa selten beherzigt, obwohl in einigen neuen Konstruktionen zumindest der zusätzliche Kollisionsschutz Beachtung fand.

Die Anordnung der Bedienungsinstrumente folgt der klassischen EMD-Bauform der 60er Jahre, und doch ist sie trotz ihres Alters sicherer und ergonomischer als viele der „moderneren” Ausrüstungen. Links vom Lokführersitz befindet sich der Fahrschalterkasten mit dem Fahrschalter und dem Fahrtrichtungsschalter, mehr oder weniger der „Roller Switch”-Standardbauform von EMD folgend. Der Fahrschalter ist von der traditionellen Hebel-Bauart, und wurde auf besonderen Wunsch der MÁV mit einem Fahrschalterrad ergänzt, obwohl letzteres in der Praxis kaum benutzt wurde. Der Vorteil eines Fahrschalterhebels einem Rad gegenüber liegt auf der Hand; seine Stellung ist leichter zu sehen. Der Nachteil eines Fahrschalterrades kann mit dem Unfall illustriert werden, der zum vorzeitigen Ende von M61-009 geführt hat. Die Lokomotive wurde durch die Wand eines Lokschuppens gedrückt, und zwar von einer M62, dessen Fahrschalter zufällig in Stufe 1 geblieben war. Bei Fahrschalterrädern wird die Stellung entweder durch einen kleinen Zeiger oder durch eine entsprechende Nummer hinter einem Fenster gezeigt. Keine dieser Lösungen ist die absolute Spitze in Sachen Sichtbarkeit, do daß die Stellung notfalls nur erraten werden kann... was ja nicht das Sicherste ist, gerade dann, wenn der Fahrschalter deutlich mehr Stufen hat, als die bei EMD üblichen 8.

Das Instrumentenbrett mit den Anzeigen für Generatorstrom, Spannung und Luftdruck, sowie Schaltern usw. wurde vor dem Lokführersitz in geneigter Lage angebracht. Es wird oft gesagt, daß der relativ große Abstand vom Lokführer und das Fehlen von herausragenden Kanten im Falle einer Kollision sicherer sind, als eine tischförmige Auslegung der Bedienungsinstrumente (wie bei M62, M41, V43 usw.).

Rechts vom Sitz des Lokführers finden wir die Ventile für die automatische Bremse und die Hilfsbremse, den Knopf für das Signalhorn (anstelle eine Schnur, wie in Amerika), den automatischen Sandstreuer und die Wachsamkeitseinrichtung (wofür auch eine Pedale vor dem Lokführersitz eingebaut wurde). Die Lage der Bremshebel wurde oft vom Personal gepriesen. Mit gutem Grund, könnte man sagen, wenn man anschaut, wie unbequem z. B. der Hilfsbremshebel bei der M41 montiert wurde, wo ihn der Lokführer nicht ohne Anstrengung erreichen kann.

Jede Frontscheibe wurde mit einem pneumatisch betätigten Scheibenwischer und zwei Sonnenblenden versehen und neben den seitlichen Führerstandsfenstern wurde je ein großer Spiegel angebracht. Der gepolsterte Sitz des Lokführers wurde auf Stahlrahmen aufgebaut und ist seitlich und senkrecht verstellbar. Auf der dem Lokführer gegenüberliegenden Seite wurde ein Tisch mit eingebauter elektrischer Kochplatte angebracht.


Der Maschinenraum

Ein bemerkenswertes Merkmal der M61 ist die kompakte Anordnung des Maschinenraumes. Dies wird dadurch ermöglicht, daß die Langträger des Hauptrahmens nicht die volle Breite der Lokomotive einnehmen. Daher können die seitlichen Trittflächen deutlich tiefer gelegt werden, so daß für die Kühler auch bei Einhaltung der europäischen Lichtraumnorm genügend Platz über dem Motor übrig bleibt, was wiederum die Gesamtlänge der Lokomotive verringert. Obwohl der Maschinenraum nicht unter höherem Luftdruck gehalten wird (wie das bei einigen Clyde-GMs der Fall war), ist er hinreichend gegen das Eindringen von Schmutz und Staub isoliert. Einige andere einheimische Triebfahrzeuge, darunter die M41, haben einen weniger gründlich abgedichteten Maschinenraum. Bei letzterer Baureihe hat die Ansammlung der Verschmutzung (was im Spätfrühling durch die Flocken der Pappelbäume weiter verschlimmert wird) oft zu problemen geführt; das offenbart sich auch in den Bränden, von denen die M41 in letzter Zeit immer häufiger geplagt werden. Es sollte auch angemerkt werden, daß der Maschinenraum einer M61 natürlich nicht mehr so geräumig ist, wie der ihrer amerikanischen Vorfahren, trotzdem wird das Lokpersonal beim Durchgang nicht von plötzlich auftauchenden Hindernissen bedroht, wie bei einer M41 oder besonders bei der M62, wo die meisten Lokführer den Führerstand kaum durch den Maschinenraum wechseln, sondern lieber eine zusätzliche Kletterübung in Kauf nehmen.

Der Maschinenraum der Lokomotive beherbergt den Motor, den Hauptgenerator, die Kühlanlage, den Luftverdichter, sowie einen Wasserbehälter für den Heizkessel und den Dampferzeuger selbst. Die elektrische Ausrüstung (Relais, Sicherungen usw.) ist getrennt in einem Schrank hinter dem Führerstand „A” untergebracht.

Der Motor ist von EMDs bewährtem Typ 567 (567 Kubikzoll pro Zylinder) in der 16-Zylinder-Version mit Roots-Gebläse. Die Zylinder des langsamdrehenden Zweitaktmotors stehen, der V-Anordnung folgend, im Winkel von 45° zueinander. Das Kurbelgehäuse besteht aus einer unteren Hälfte mit einem Ölreservoir und einer oberen Hälfte, worin die Kurbelwellenlager und die Zylinderlaufbüchsen festgehalten werden. Der Motor ist nach dem „Uniflow”-Prinzip aufgebaut, wo die Verbrennungsluft durch Öffnungen in der Zylinderwand eintritt und die Verbrennungsprodukte durch die Ventile im Zylinderkopf entweichen. Die Einspritzdüsen sind direkt im Zylinderkopf montiert, was weitere Hochdruckleitungen für den Kraftstoff überflüssig macht. Die Verbrennungsluft wird aus dem Maschinenraum mit zwei Roots-Gebläsen durch zusätzliche Filter angesaugt. Die Gebläse, sowie Öl- und Kühlwasserpumpen werden vom Motor direkt angetrieben.

Die 567-Motoren von EMD wurden durch ihre Robustheit darauf vorbereitet, ungünstigen Betriebsbedingungen zu widerstehen, nicht umsonst waren hohe Verfügbarkeit und angemessen wirtschaftlicher Betrieb die wichtigsten Gesichtspunkte ihrer Konstruktion. Daher verbraucht der 16-567-D1 der M61 deutlich weniger Kraftstoff als die M62 mit ihrem 14D40-Motor und ist strapazierfähiger als der Pielstick-Motor einer M41. Zwar werden die letztgenannten Pielstick-Motoren für wirtschaftlicher gehalten als die 567, doch kommt es in der Praxis häufig vor, daß der relative Verbrauch einer M41 den einer M61 übersteigt. Der 567 hat die ungünstigsten Wartungsbedingungen in Ungarn lange ertragen, währenddessen er zuverlässiger arbeitete, als die Motoren der meisten anderen Streckendieselloks.

Der Hauptgenerator (EMD D22) und der Drehstromgenerator für die Hilfsbetriebe (EMD D14) bilden eine fest verbundene Einheit und sind direkt an den Motor angeflanscht, wie auch der Luftverdichter. Beim Starten des Motors wird der Hauptgenerator als batteriebetriebener Gleichstrommotor benutzt; dies muß bei einigen anderen Lokomotiven mit Druckluft geschehen. Das Gleichstromübertragungsprinzip, wie es in der M61 realisiert ist, war zu seiner Zeit weltweit die meistverbreitete Methode der Leistungsübertragung bei Diesellokomotiven; was sich aber woanders weniger durchgesetzt hat, ist die elektrische Steuerung. Besonders in Ungarn war der Lokomotivbau massiv von der elektro-pneumatischen Steuerung „geplagt”, wie das mit dem Rohrdickicht der M41 bestens illustriert werden kann. Bei der M61 verzichtete man auf diese störanfällige Lösung und setzte auf die elektrische Steuerung; die einzige Ausnahme bilden die pneumatisch betätigten Lüfterjalousien.

Und wenn wir schon bei dem Kühler sind, sollen wir auch darauf einen Blick werfen. Wie zuvor erwähnt, ist die Kühlanlage über dem Motor angebracht und der Luftstrom wird durch eine vom Rest des Maschinenraumes abgedichtete Führung geleitet. (Letzteres ist beispielsweise bei der M41 nicht der Fall; man braucht sich nicht besonders anzustrengen um zu erraten, welche Probleme das verursachen kann.) Die Lüfterventilatoren werden von Dreiphasen-Asynchronmotoren angetrieben, wo der Schaufelkranz selbst Teil des Motors ist. Das ergibt eine sehr flache und doch zuverlässige Bauweise, wogegen die ebenfalls elektrischen Lüfter der M41 als eine Bastelei erscheinen. Der Lüfterantrieb der M61 bedeutet auch kein Hindernis im Maschinenraum, nicht so, wie der mechanische Antrieb bei der M62.

Nachdem der Motor abgestellt wurde, zieht die Schwerkraft das Kühlwasser aus den Dachkühlern. Danach bleibt das Kühlwasser in einem Reservoir, wo die kleinere Fläche und die Nähe zum Motor zusätzlichen Schutz gegen Einfrieren im Winter bieten. Daher muß eine M61 bei Frost selten für mehrere Stunden im Leerlauf bleiben (nicht wie andere einheimische Triebfahrzeuge), was wieder einmal den Kraftstoffverbrauch und die Lärmbelastung (was sowieso eher der M41 zuzuschreiben ist) reduziert.


Drehgestelle

Die dreiachsigen Flexicoil-Drehgestelle der M61 sind in geschweißter Kastenform aufgebaut. Die Achsen werden in Achslagerführungen gehalten, wobei eine gewisse seitliche Bewegung erlaubt wird. Jede Achse wird von einem Tatzlagermotor durch ein Zahnradpaar angetrieben; die Kühlluft wird von den im Hauptrahmen montierten Kühlgebläsen durch Gummikanäle zu den Fahrmotoren geleitet. Ein Kühlgebläsenausfall führt automatisch zur Abschaltung des Fahrmotors, daher wird gleich eine Quelle der Überhitzung vermieden.

Die Drehgestelle sind zweistufig gefedert; einerseits sind in jeder Achslagerführung zwei ineinandergesetzte Schraubfedern angebracht, andererseits stützt sich das Drehgestell mit vier sog. Flexicoil-Federn auf einen Zwischenrahmen auf, der mit dem Drehzapfen vom Hauptrahmen verbunden ist. Diese einfache aber wirksame Lösung ergibt gute Laufeigenschaften, mit denen die Schwanenhals-Drehgestelle der V43 oder die Schwingenaufhängung der UBF-Drehgestelle der M41 sich nicht messen können, geschweige denn die schweren Drehgestelle der M62.

Auf jedem Drehgestell sind sechs Bremszylinder montiert, die auf jedem Rad beidseitig angebrachte Klotzbremsen betätigen. In jedem Führerstand befindet sich ein Bremsrad zur Bedienung der Handbremse. Streusand kann durch Gummischläuche zu den vordersten und hintersten Rädern jedes Drehgestells gelangen. Der Sandstreuer kann von Hand, oder durch die automatische Gleitschutzeinrichtung in beide Fahrtrichtungen betätigt werden.


Technische Daten


Länge über Puffer18900 mm
Größte Breite3090 mm
Größte Höhe4295 mm
AchsfolgeCo'Co'
Gesamtachsstand14300 mm
Achsstand im Drehgestell2000+2000 mm
Raddurchmesser1040 mm
Dienstmasse109 t
Achsfahrmasse18,1 t
Höchstgeschwindigkeit105 km/h
Anfahrzugkraft292 kN
Dauerzugkraft bei 20 km/h198 kN
DieselmotorEMD 16-567D1
Nennleistung1435 kW
Leerlaufdrehzahl275 U/min
Nenndrehzahl835 U/min
HauptgeneratorEMD D22
FahrmotorenEMD D47
DampferzeugerVapor-Clarkson OK4616
Leistung800 kg/h
Kraftstoffvorrat2700 l
Schmieröl760 l
Kühlwasser920 l
Wasservorrat f. Dampferzeuger3000 l
Sand525 kg



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